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Karl Theodor Netzer

Artikel aus KILIFÜ Magazin – Nr. 1 6/2015
Kennen Sie auch dieses Gefühl, wenn man ein altes Buch in die Hand nimmt und es einen auf eine Zeitreise in die eigene Jugend mitnimmt? Mich haben viele Bücher in der Kindheit vor allen Dingen auch visuell stark geprägt. Ich finde vieles von dem, was ich als gut und schön erachte in den Bereichen Illustration, Bildaufbau, Farbgebung und Erzählweise in den Büchern, mit denen ich mich damals wieder und wieder beschäftigt habe.
Schon lange suche ich nach einem Schulbuch, das meiner Mutter gehört hatte mit dem Titel »Meine erste Fibel« (aber da kann mich meine Erinnerung auch trügen, denn ich habe es bisher trotz intensiver Suche nicht in Antiquariaten finden können). Darin gab es circa 20 Farbtafeln mit Alltagssituationen wie zum Beispiel auf dem Feld, dem Bauernhof etc., anhand derer Begrifflichkeiten erklärt wurden. Neulich bin ich bei einem Besuch zufällig auf ein anderes Schulbuch gestoßen, von dem ich nach dem ersten Duchblättern sofort begeistert war – ist es doch randvoll mit fröhlichen, anrührenden Bildern. Und so musste ich mir das Buch sofort antiquarisch besorgen – sein Titel »Frohes Schaffen mit der Rechtschreibfibel« von Fritz Färber, erschienen im Bayerischen Schulbuch-Verlag*. Zitat aus dem Einband: »Das Buch soll der Stillarbeit in der weniggegliederten Landschule und der Hausarbeit dienen. Mit ihm können auch Eltern ihren Kindern fördernd an die Hand gehen.«
Illustriert hat das Buch Karl Theodor Netzer, von dem ich leider nichts weiteres über sein Leben und Werk herausfinden konnte, außer, dass er noch ein paar weitere Lehr- und Schulbücher mitgestaltet hat.
Was mich sofort angesprungen hatte, ist die Lebendigkeit und spielerische Fröhlichkeit, die sich durch die 176 Seiten ziehen. Den Lehrinhalten, dem Erlernen der deutschen Grammatik, werden gelöst agierende Buchstaben gegenübergestellt, die wie gute Freunde Zusammenhänge in klaren Bildern erklären. Die damals noch technisch bedingte Reduktion auf wenige Volltonfarben (moderner Vierfarbsatz war noch viel zu teuer), schafft die notwendige Klarheit und Karl Theodor Netzer beherrscht die Kunst, Dinge auf den Punkt zu bringen. Trotz der Vereinfachung haben seine Figuren Charakter und wirken unglaublich lebendig. Ich bin froh über diesen Zufallsfund und denke, dass ich es aus Freude und zur Inspiration in Zukunft immer wieder mal aus dem Regal ziehen werde.

Dirk Uhlenbrock

* Das Buch ist noch gut antiquarisch erhältlich, erschienen ist es in mehreren Auflagen zwischen 1949 und 1968.